Weiterbildungsteilnahme – Große Unterschiede zwischen Deutschlands Kommunen

Jeder achte Bundesbürger (12,3 Prozent) hat im Jahr 2013 an mindestens einer Weiterbildung teilgenommen. Der im Vergleich zu 2012 (12,6 Prozent) geringere Wert setzt einen Trend aus den Vorjahren fort: Die Teilnahme an organisierten Weiterbildungen ist weiter gesunken. 2011 hatte noch jeder Siebte (13,9 Prozent) an Weiterbildungen teilgenommen. Über diese deutschlandweite Entwicklung hinaus analysiert der Weiterbildungsatlas auch die unterschiedlichen Teilnahmequoten der Länder und Kommunen: Bei den Ländern reicht die Weiterbildungsteilnahme 2013 von 10,4 bis 14,8 Prozent. Schwächste (2,9 Prozent) und stärkste Kommune (23,1 Prozent) unterscheiden sich im Mittel der Jahre 2012 und 2013 um den Faktor acht. Ähnlich große Unterschiede zeigen sich auch innerhalb der Bundesländer. 

Für die Jahre 2012 und 2013 betrachten wir die Weiterbildungsteilnahme der Gesamtbevölkerung ab dem 25. Lebensjahr: Diese Altersgrenze markiert häufig die Schwelle zwischen Ausbildung und Berufstätigkeit. Da Lernen ein lebenslanger Prozess ist, gibt es hier keine obere Grenze.


Deutschlandweiter Abwärtstrend

Im Untersuchungszeitraum von 2012 bis 2013 sank die Weiterbildungsquote in Deutschland von 12,6 auf 12,3 Prozent – ein Minus von 0,3 Prozentpunkten. 2011 hatten sogar noch 13,9 Prozent der Bevölkerung an Weiterbildungen teilgenommen. Bis 2013 ist die Teilnahmequote also um 1,6 Prozentpunkte gesunken. Das ist ein Rückgang von fast 13 Prozent. Eine detaillierte Auseinandersetzung dieser Entwicklung vor dem Hintergrund anderer Befragungsergebnisse finden Sie auf den Seiten 16 und 17.

 


Nur zwei Bundesländer mit steigender Weiterbildungsteilnahme

Mit 14,8 Prozent verzeichnet Baden-Württemberg im Jahr 2013 die höchste Teilnahmequote, gefolgt von Hessen und Rheinland-Pfalz. Die geringsten Werte finden sich in Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern und im Saarland mit Teilnahmequoten von jeweils 10,4 Prozent. Der Blick auf die Verteilung in Deutschland zeigt vor allem ein Süd-Nord-Gefälle. Die Länder im Osten dagegen weisen keine systematisch geringeren Teilnahmequoten auf als jene im Westen. Während das bevölkerungsreichste Land Nordrhein-Westfalen mit 10,4 Prozent ausgesprochen schwach aufgestellt ist, zeigen Thüringen und Sachsen mit 12,4 und 12,1 Prozent eine deutlich höhere Teilnahme.

 In lediglich zwei Bundesländern ist die Teilnahme an Weiterbildung von 2012 auf 2013 entgegen dem Bundestrend gestiegen: im Saarland von 9,6 auf 10,4 Prozent und in Sachsen von 10,4 auf 12,1 Prozent. Besonders stark abgenommen hat die Weiterbildungsquote um 1,8 Prozentpunkte in Bremen, gefolgt von Bayern, Hamburg und Brandenburg (jeweils -0,8 Prozentpunkte). Brandenburgs Quote sinkt damit auf 11,3 Prozent und im Vergleich zu 2012 noch deutlicher unter den Bundesschnitt. In Niedersachsen blieb die Quote im Wesentlichen konstant. 

Ein Blick auf die Kommunen offenbart ein äußerst heterogenes Bild. Die Weiterbildungsteilnahme ist auf kommunaler Ebene noch ungleicher als zwischen den Raumordnungsregionen, der Bezugsgröße des ersten Weiterbildungsatlas. Um mögliche Jahreseffekte auf kommunaler Ebene auszugleichen, wurden die Ergebnisse der Jahre 2012 und 2013 gemittelt. Durch die höheren Fallzahlen lassen sich sichere Aussagen über die Unterschiede im Beobachtungszeitraum machen.

 Die Spanne zwischen den schwächsten und stärksten Kommunen ist überraschend groß: So reicht die Weiterbildungsteilnahme von 2,9 Prozent in Prignitz bis zu 23,1 Prozent in Darmstadt – eine fast achtmal so hohe Teilnahmequote. Sowohl unter den stärksten als auch unter den schwächsten Kommunen dominieren im Durchschnitt der Jahre 2012 und 2013 jene des Westens der Republik. In der Grafschaft Bentheim und in Fürstenfeldbruck beispielsweise nimmt nicht einmal jeder dreißigste Bürger an mindestens einer Weiterbildung teil. Auf der anderen Seite bildet sich in Kommunen wie Mainz-Bingen oder Erlangen mehr als jeder Fünfte weiter.


Teilnahme an Weiterbildung innerhalb der Bundesländer sehr heterogen

Besonders in den Flächenländern streuen die Teilnahmequoten stark. Dies zeigt die mittlere Abweichung. Beispiel: Im Durchschnitt weichen die Teilnahmequoten der Kommunen in Bayern um 3,8 Prozentpunkte vom Landesmittel ab. Bei einer landesweiten Teilnahmequote von 13 Prozent (2012 und 2013 gemittelt) bedeutet dies Abweichungen von durchschnittlich fast 30 Prozent vom Mittelwert. Ebenfalls groß sind die mittleren Abweichungen in Hessen (3,1 Prozentpunkte) sowie in Baden-Württemberg und Thüringen (je 2,8 Prozentpunkte).

Bayern hat mit seiner überdurchschnittlichen Teilnahmequote von 13,0 Prozent für 2012 und 2013 sowohl überragende Kommunen (Erlangen mit 21,8 Prozent und Landsberg am Lech mit 21,7 Prozent) als auch sehr schwache Kommunen (Fürstenfeldbruck, Weiden, Straubing und Dillingen a.d. Donau je unter 4 Prozent). In den stärksten Kommunen Bayerns liegt die Weiterbildungsteilnahme also um mehr als das Fünffache über der in der schwächsten Kommune.


Große Unterschiede bei den direkten Nachbarkommunen

Große Unterschiede gibt es auch zwischen Kommunen, die direkt aneinander grenzen. Konkret: Fürstenfeldbruck ist mit einer Weiterbildungsbeteiligung von 3,4 Prozent Bayerns schwächster Landkreis. Direkt daneben liegt der Landkreis Landsberg am Lech mit 21,7 Prozent. Auf der einen Seite die Kommunengrenze nimmt also fast jeder Fünfte an Weiterbildung teil, auf der anderen Seite gerade einmal jeder Dreiundzwanzigste. Ganz ähnlich die Situation im weiterbildungsstarken Baden-Württemberg: Der Enzkreis (6,5 Prozent) ist unmittelbarer Nachbar von Ludwigsburg mit 19,7 Prozent. Es scheint, als ändere sich das Weiterbildungsverhalten der Wohnbevölkerung mit Überschreiten die Kommunengrenze abrupt. 

Auch wenn in den teilnahmeschwächeren Bundesländern die Abweichungen insgesamt niedriger ausfallen, zeigt sich dort dasselbe Phänomen: In Brandenburg (2012-2013: Weiterbildungsbeteiligung 11,7 Prozent, Mittlere Abweichung 2,6 Prozentpunkte) liegt beispielsweise eine der weiterbildungsstärksten Kommunen Deutschlands (Elbe-Elster mit 19,1 Prozent) direkt zwischen zwei Kommunen mit sehr geringen Teilnahmequoten: Oberspreewald-Lausitz (6,0) als östlich angrenzende Kommune sowie westlich der Landkreis Nordsachsen (7,8).  

Die erstmalige Betrachtung der Weiterbildungsbeteiligung auf kommunaler Ebene enthüllt also enorme Unterschiede. Auch wenn Kommunen wie Prignitz in Brandenburg (als schwächste Kommune) und Darmstadt in Hessen (als stärkste) unterschiedliche strukturelle Rahmenbedingungen aufweisen, zeigt sich an ihnen dennoch die extreme Spannweite, die in Deutschland vorherrscht. Vergleichbar große Unterschiede gibt es auch innerhalb der Bundesländer - und das häufig sogar bei direkt benachbarten Kommunen. Wie aber kommen diese lokalen Unterschiede zustande? Wird die Weiterbildungsteilnahme in den Kommunen vor allem durch unterschiedliche strukturelle Rahmenbedingungen beeinflusst? Dieser Frage geht das Kapitel zur Potenzialausschöpfung nach.


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Studie Deutscher Weiterbildungsatlas

Die Broschüre des Deutschen Weiterbildungsatlas bietet Ihnen alle zentralen Ergebnisse und Zusammenhänge in kompakter Form. Neben den Berichten mit der Einordnung der Ergebnisse, finden Sie hier alle wichtigen Karten und Grafiken. Darüber hinaus finden Sie hier auch die Kurzfassungen der Fallstudien sowie Ausführungen zur Methodik.
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